Repräsentative Dunkelfeldstudie zeigt: Millionen Menschen bundesweit haben sexualisierte Gewalt erlebt
Am 2. Juni 2025 veröffentlichte das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim repräsentative Umfrageergebnisse zur Verbreitung sexualisierter Gewalt in Deutschland. Millionen Menschen sind betroffen. Nachdem das Thema in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, gibt es nun endlich aktualisierte Zahlen. Ergebnis: Das Ausmaß ist größer als angenommen, und das trotz vielfältiger Präventionsmaßnahmen in den vergangenen Jahren.
Die Studie kann auf der Website des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit heruntergeladen werden. [Link zum Internet-Archiv]
Zusammen mit dem Umfrageinstitut infratest dimap wurden deutschlandweit 10.000 Personen zwischen 18 und 59 Jahren schriftlich kontaktiert. Knapp über 3.000 Personen haben an der Befragung teilgenommen. Diese Rücklaufquote ist hoch und erlaubt belastbare Aussagen.
Beteiligt waren das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit, die Kinder-und Jugendpsychiatrische Klinik in Ulm, das Kriminologische Institut in Heidelberg und das Umfrageinstitut infratest dimap. Finanziell wurde die Untersuchung unterstützt von der Weisser Ring Stiftung, dem Verein Eckiger Tisch und dem Kinderschutzbund.
Die Ergebnisse in Stichpunkten:
- 12,7 % der Befragten gaben an, mindestens einmal im Leben von sexualisierter Gewalt betroffen gewesen zu sein. Bezogen auf die Grundgesamtheit der 18- bis 59-Jährigen in Deutschland entspricht das 5,7 Millionen Menschen.
- Frauen sind zu 20,6 % betroffen. Das heißt, mehr als jede fünfte Frau gibt an, von sexualisierter Gewalt im Kinder- und Jugendalter betroffen gewesen zu sein.
- In der jüngeren Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 27,4 % (mehr als jede vierte).
- Männer sind zu 4,8 Prozent betroffen.
- 95,5 % der Männer und Frauen gaben an, von einem männlichen Täter angegriffen worden zu sein.
- Nur 4,5 % nannten Frauen als Täterinnen.
- Die meisten Betroffenen erlebten die Gewalt in der Familie oder durch Verwandte.
- Männer erlebten deutlich häufiger Gewalt in Sport- und Freizeiteinrichtungen, im kirchlichen Kontext und im Rahmen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Das bedeutet, dass Schutzkonzepte differenziert sein müssen, um auf verschiedene Lebensumstände zu passen.
- Bei fast einem Drittel der Fälle (31,7 % aller Befragten) spielten digitale Kanäle, also Social Media, Messenger-Dienste und Chats eine Rolle. 61,9 % der Betroffenen, die sexualisierte Gewalt in der realen Welt erfahren haben, haben auch sexualiierte Gewalt in den sozialen Medien erlebt.
- Über ein Drittel der Betroffenen (37,4 %) hatten vor der Studie nicht mit anderen Personen über die erlebte Gewalt gesprochen. Es ist also wirklich ein Dunkelfeld erhoben worden. Als Gründe für das Schweigen wurden Scham und Angst angegeben, dass einem nicht geglaubt würde.
In der Pressemitteilung wird Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des ZI und Sprecher des DZPG-Standorts Mannheim-Heidelber-Ulm, zitiert:
Die Studie zeigt auch deutlich, dass das psychische Befinden der von sexualisierter Gewalt Betroffenen deutlich schlechter ist als das der Nichtbetroffenen. „Es ist wichtig, dass wir die Forschung zum Ausmaß und den Kontexten von sexualisierter Gewalt verstetigen und weiter voranbringen. Nur so können wir Präventionskonzepte und die gezielte medizinische Versorgung von Betroffenen wirklich verbessern“
Quelle:
Website des ZI, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim [Link zum Internet-Archiv]