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Begriffserklärungen
Auf dieser Seite versuchen wir, einige Begriffe aus der Diskussion um Rituelle Gewalt allgemeinverständlich zu erläutern. Dass es dabei zu Vereinfachungen und Verkürzungen kommt, liegt in der Natur der Sache. Anregungen und Kritik nehmen wir gerne entegen.
Amnesie
Eine Amnesie ist so etwas wie eine Erinnerungslücke. Manche Menschen können sich an bestimmte Ereignisse oder Lebensphasen nicht mehr erinnern, obwohl sie nachweisbar geschehen sind. Zum Beispiel setzt die Erinnerung an einen Verkehrsunfall bei den Opfern häufig einige Sekunden vor dem eigentlich Unfall aus und dann erst mit dem Erwachen im Krankenhaus wieder ein, obwohl sie den Unfall selbst ja eigentlich noch miterlebt haben, bevor sie vielleicht bewußtlos wurden.
Eine Ursache für eine Amnesie kann Trauma sein – entweder ein singuläres traumatisches Erlebnis oder eine längere Phase traumatischer Ereignisse in einem Menschenleben. Die Amnesie gilt als Schutzmechanismus des Gehirns. Dabei geht man davon aus, dass manche Erlebnisse so schrecklich sind, dass der Mensch es nicht aushalten könnte, mit dieser Erinnerung zu leben. Therapien oder einzelne Auslöser (auch “Trigger” genannt) können diese Erinnerungen im Laufe eines Lebens wieder zugänglich machen. So kann ein Auto derselben Farbe oder eine ähnliche Abfolge von Geräuschen wie beim damaligen Unfall diese Erinnerung ganz plötzlich wieder frei geben. Auf einmal ist alles wieder da (siehe unten unter “Flashback”). Die Traumatherapie geht davon aus, dass ein “gemäßigtes” Erinnern erst geschieht, wenn der Mensch stark genug ist, das Erlebte auch auszuhalten.
Arkan-Disziplin
Dieser Begriff steht für das Verbot, aus geheimen Organisationen und ihren Treffen oder Ideologien zu berichten. Es ist mit drakonischen Strafen für diejenigen verbunden, die sich nicht daran halten. Außerdem bindet es die Mitglieder einer Gruppe an die Mitgliedschaft und an das Schweigegebot – bis zum Auflösen der Gruppe oder bis zum Tod des Mitglieds. Quelle: Buch “Satanismus – Faszination des Bösen”, Ingolf Christiansen, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2000
Aussteiger/innen
Dieses Wort scheint uns das treffendste zu sein, wenn wir über Menschen sprechen, die Rituelle Gewalt erleben oder erlebt haben und heute darüber sprechen. Dass diese Menschen davon berichten, ist schon ein Schritt des Ausstiegs, denn natürlich ist es streng (meist unter Strafe) verboten, darüber Auskunft zu geben. Wir gehen dabei davon aus, dass diese Menschen (meist sind es Frauen) einmal ein Teil eines Kultes, einer Gruppe, eines Rituals waren und aus eigenem Erleben berichten. Häufig verschwimmen dabei die Rollen als Täter/in oder Opfer, z.B. weil sie gezwungen wurden und teilweise werden, selbst aktiv an Gewalthandlungen teil zu nehmen.
Ebenfalls üblich ist inzwischen der Begriff “Überlebende”, analog zum englischen Begriff “Survivors” für Opfer von Kindesmisshandlungen. Auch an diesem Begriff gibt es aber Kritik: Manche empfinden ihn als Dramatisierung, denn längst nicht jeder Mensch, der sexualisierte Gewalt erlebt hat, hat sich dabei auch in Todesnähe befunden. Opfer Ritueller Gewalt hingegen sprechen fast immer von so extremen Gewalterfahrungen, dass sie die Taten nur knapp überlebt haben. Hilfen zum Ausstieg gibt es auf diversen anderen Webseiten.
Betroffene
Siehe die Erläuterungen zum Begriff “Aussteiger/innen”
DIS - Dissoziative Identitäts-Struktur/Identitäts-Störung
Medizinischer Diagnose-Begriff dafür, dass sich Menschen, die extremem Stress, meist durch Gewalt durch andere Menschen und verbunden mit Hilflosigkeit und Todesangst im frühesten Kindesalter, als mehrere, voneinander unabhängige „Personen“ erleben und verhalten. Diese Persönlichkeitsanteile entwickeln einen eigenen Charakter und ganz eigene Wahrnehmungen und Beziehungen entwickeln. Teilweise ist das nach außen sichtbar durch unterschiedliche Stimmlagen, Sprach-Marotten (z.B. Dialekte) Vorlieben, Verhaltensweisen (z.B. je nach Person wechselnder Links- oder Rechtshändigkeit), Handschriften usw.
Teilweise übernehmen einzelne dieser Anteile den Körper und das Handeln eines Menschen so deutlich, dass andere Anteile keine Erinnerung daran haben, was in dieser Zeit passiert ist (-> Amnesien).
Viele Aussteiger/innen aus Ritueller Gewalt zeigen diese Symptome. Bis in die 1990er Jahre sprach man eher von „Multiplen Persönlichkeiten“, heute dominiert die medizinische Bezeichnung DIS. Das ist die Abkürzung in Diagnosehandbüchern für Dissoziative Identitäts-Störung. Früher ging man auch davon aus, dass Gewalt die “Seele eines Menschen spalten” kann. Heute ist das Modell der Traumaforschung, dass mit Gewalt im frühen Kindesalter verhindert wird, dass die Erlebnis-Zustände des Kleinkindes überhaupt zu einer Einheit zusammenwachsen können.
Manche Betroffene verwenden statt des Begriffs „Störung“ inzwischen den Begriff „Dissoziative Identitäts-Struktur“, weil sie die Existenz ihrer verschiedenen inneren Persönlichkeiten nicht als Störung oder Krankheit empfinden. Andere bezeichnen sich selbst schlicht als „Multis“, und Menschen ohne diese Traumafolgeerscheinung als „Unos“ – wieder andere finden diese Begriffe furchtbar.
Wenn Sie unsicher sind, wie Sie sich ausdrücken wollen, empfehlen wir Ihnen, die Menschen, mit denen Sie darüber in Kontakt stehen, einfach zu fragen, welchen Begriff sie angemessen finden.
Im medizinischen Diagnosehandbuch DSM 5 ist eine DIS wie folgt beschrieben:
„Kriterium A: Störung der Identität, die durch zwei oder mehr unterscheidbare Persönlichkeitszustände gekennzeichnet ist. … Die Störung der Identität umfasst eine deutliche Diskontinuität des Bewusstseins des eigenen Selbst und des Bewusstseins des eigenen Handelns, begleitet von damit verbundenen Änderungen des Affekts, des Verhaltens, des Bewusstseins, des Gedächtnisses, der Wahrnehmung, des Denkens und/oder sensorisch-motorischer Funktionen. …
Kriterium B: Wiederkehrende Lücken bei der Erinnerung alltäglicher Ereignisse, wichtiger persönlicher Informationen und/oder traumatischer Ereignisse, die nicht als gewöhnliche Vergessenheit zu werten sind.“
(zitiert nach Dr. Martina Rudolph, „Die im Dunkeln sieht man nicht – Organisierte rituelle Gewalt in Deutschland, erschienen in „Stimmen der Zeit“ Heft 8 August 2019)
Neue Definition nach dem ICD-11 seit 1.1.2022
Menschen können die exekutive Kontrolle über ihr Handeln verlieren, z.B. für selbst- und fremdgefährdende Handlungen (Selbstverletzungen, Essstörungen, Zwangshandlungen, aggressive Ausbrüche, Suchtmittelkonsum u.a.), aber auch für Alltagshandlungen (Kochen, Reisen, Arbeit u. a.). Zwei Formen des Kontrollverlusts über das Handeln können unterschieden werden:
- teildissoziiertes Handeln: Verlust der teilexekutiven Kontrolle über das Handeln mit Erinnerung an das Handeln, jedoch aus einer distanzierten Perspektive
- volldissoziiertes Handeln: Verlust der exekutiven Kontrolle über das Handeln mit gleichzeitiger Amnesie für die Handlungen […]
In der ICD-11 werden 2 Störungen definiert, bei denen Menschen die exekutive Kontrolle über ihr Handeln verlieren können:
Dissoziative Identitätsstörung (6B64)
[…] Mindestens zwei unterschiedliche Persönlichkeitszustände übernehmen wiederholt die exekutive Kontrolle des Bewusstseins und des Handelns. Typischerweise gibt es Episoden von Amnesien, die schwergradig sein können. […]
Partielle dissoziative Identitätsstörung (6B65)
[…] Ein Persönlichkeitszustand ist dominant und funktioniert normalerweise im Alltag, wird aber durch einen oder mehrere nicht dominante Persönlichkeitszustände beeinträchtigt (dissoziative Intrusionen) […]
(zitiert nach Dr. Jan Gysi, „Diagnostik von Traumafolgestörungen“, Hogrefe Verlag Bern, 2021 [Link zum Web-Archiv])
Mehr zu diesem Thema:
- Was bei Dissoziation im Gehirn passiert und was primäre, sekundäre und tertiäre Dissoziation ist, erklärt Dr. Brigitte Bosse sehr anschaulich und für Laien verständlich in einem Online-Vortrag auf Youtube [Link zum Web-Archiv]. Ungefähr bei 7 Minuten zeigt sie auch Ausschnitte aus dem Film “Ein Körper mit System” (siehe nächster Punkt).
- Wie viele Personen in einem Körper zusammen leben und ihren Alltag gestalten, zeigt der Film “Ein Körper mit System” [Link zum Web-Archiv]. (Kann unter diesem Link beim Verein Lichtstrahlen Oldenburg e.V. bestellt werden).
- Wie es sich anfühlt, in einem Körper zu leben, aber nicht immer den Zugriff auf alle Erinnerungen und Fähigkeiten zu haben, beschreiben Hannah C. Rosenblatt und Renée W. im Juli 2017 sehr anschaulich in ihrem Podcast “VieleSein Folge 30: “(Wozu) Ist es gut all das zu wissen?” [Link zum Web-Archiv]
Ekeltraining
Bei einem Ekeltraining werden Menschen gezwungen, Dinge zu tun, vor denen sie sich eigentlich ekeln (mit Insekten eingesperrt werden, Körperausscheidungen anfassen, verschimmelte Lebensmittel essen oder trinken usw.). Wer diese Dinge verweigert, wird mit Gewalt bedroht – sonst würde man es eben nicht tun. Den Täter/innen geht es darum, den Willen der Opfer zu brechen, Macht auszuüben und das Opfer zu demütigen. Dabei wird ein Ekeltraining häufig auch noch mit pseudoreligiösen Bedeutungen aufgeladen: “Zeig uns, dass Du über Dich hinauswachsen kannst.” oder “Erst wenn Du das beherrschst, gehörst Du wirklich zu unserer Gruppe.”
Manche Kinder nutzen so genannte Mutproben (z.B. einen Regenwurm essen) auch als Aufnahmeritual in ihre Freundeskreise. Auf der Faszination, Menschen bei ekligen Mutproben mit ekligen Dingen zu beobachten, fußt das Konzept des TV-Formates “Dschungelcamp”. Hier bleibt den Beteiligten aber immer noch die Entscheidung, zu kneifen und die Probe abzulehnen, auch wenn das dann vielleicht als feige gilt. Von einem “Ekeltraining” spricht man erst, wenn der Zwang, solche Dinge zu tun, systematisch und wiederholt ausgeübt und unter Androhung noch schwererer Qualen oder Folter durchgesetzt wird.
False Memory
Mit dem englischen Begriff “False Memory” wird die so genannte “Falsche Erinnerung” bezeichnet. Die Kritik an diesem Begriff besagt, dass eine “falsche Erinnerung” eben keine Erinnerung, sondern eine falsche Überzeugung oder schlicht ein Irrtum sei. Die “False Memory”-Debatte wird auch unter dem Stichwort “Memory Wars” beschrieben (falls Sie mehr dazu lesen wollen, ist das ein guter Suchbegriff).
Meistens, wenn der Begriff “False Memory” verwendet wird, ist damit der Vorwurf gemeint, dass es möglich sei, Menschen bestimmte Erinnerungen “einzureden”, z.B., dass sie als Kind einmal in einem Supermarkt verloren gegangen seien. Experimenten zufolge waren diese Menschen nach einer gezielten Manipulation fest davon überzeugt, dass es dieses Ereignis wirklich gegeben habe, obwohl es nachweislich nicht so war.
Es gibt eine weltweit agierende “False Memory”-Bewegung, die insbesondere – nach eigener Aussage – fälschlich des Missbrauchs beschuldigten Eltern eine Plattform bietet.
Die “False Memory Bewegung” sammelt Belege dafür, dass Erinnerungen an sexuellen und Rituellen Missbrauch eingeredet werden. Das von ihnen häufig benannte “False Memory Syndrom” (FMS) suggeriert, dass es sich dabei um eine diagnostizierbare Krankheit oder Störung handeln würde – FMS ist allerdings bislang in keinem offiziellen medizinischen Diagnosehandbuch (DSM, ICD etc.) zu finden. Im Gegenteil: Die Forschung findet Belege dafür [Link zum Web-Archiv], dass Trauma-Erinnerungen nicht suggeriert werden können (Vissia et al., 2016, im Druck – Stand März 2016).
Die sogenannten “Memory Wars” beziehen sich insbesondere mit Blick auf Dissoziative Störungen auf zwei Grundausrichtungen in der Psychologie. Die traumabasierte Sichtweise (Trauma-Modell) besagt, dass Dissoziative Störungen durch Traumatisierungen im frühen Kindesalter zurückzuführen sind. Die andere Sichtweise wird “Phantasie-Modell” genannt und geht davon aus, dass Dissoziative Störungen auch suggeriert werden können.
Sehr verständlich erklärt der Podcast “Vielzimmerwohnung” von Hannah C. Rosenblatt und Christiane Attig diese Hintergründe in einer eigenen Folge zu “False Memory”. [Link zum Web-Archiv]
In einem öffentlichen Statement (3.7.2018) hat sich auch der Betroffenenrat beim UBSKM damit beschäftigt, warum es immer wieder öffentliche Äußerungen und Bestrebungen gibt, Rituelle Gewalt als erfunden oder von Therapeut.innen eingeredet zu bezeichnen.
Fälle “falscher” oder behaupteter Erinnerungen an Rituelle Gewalt gibt es sicherlich – nicht zuletzt haben sich Betroffene öffentlich zu Wort gemeldet, denen nach eigener Aussage in Therapien auch Erinnerungen an Gewalttaten eingeredet worden sind. Man sollte aber nicht den Fehler machen, damit gleich sämtliche Berichte über Rituelle Gewalt als Hirngespinste oder von Therapeut.innen verursachte falsche Erinnerungen zu bezeichnen. Ausgerechnet Therapeut.innen haben auch gar kein Interesse daran – sie können sich nämlich auch so schon kaum retten vor Anfragen. Therapie-Plätze in der Traumatherapie sind ausgesprochen rar, und manche Betroffene warten jahrelang auf eine entsprechende Versorgung.
Außerdem: Viele der Fälle, die wir auf dieser Webseite zusammen getragen haben, beruhen auf deutlich mehr Beweisen als den Berichten Betroffener, die potenziell eingeredet sein könnten. Sonst wäre es nie zu Urteilen gekommen.
Alles weitere überlassen wir der Debatte der Fachleute aus Hirnforschung und Psychologie.
Flashback
Ein Flashback ist eine heftige emotionale Erinnerung, die einem Menschen das Gefühl vermittelt, wieder in einer anderen, früher einmal erlebten Situation zu sein. Das bedeutet, dieser Mensch sieht, hört, fühlt und riecht plötzlich Dinge, die mit einem längst vergangenen Erlebnis zu tun haben und der Mensch erlebt dieses so, als wäre es jetzt in diesem Augenblick. Flashbacks sind eine Trauma-Folge und häufig können sich die Menschen ohne Unterstützung nicht aktiv dagegen wehren oder daraus befreien.
Flirty Fishing
“Flirty Fishing” ist eine durch die Sekte “Children of God” bzw. “Die Kinder Gottes” bekannt gewordene Methode, neue Sektenmitglieder oder Geld dadurch zu erhalten, dass weibliche Sektenmitglieder mit Außenstehenden sexuelle Beziehungen eingehen. Die einen nennen es Prostitution, die Sekte argumentierte aber, die Frauen hätten das Geld ja nicht für sich behalten, also nicht in dem Sinne “als Einkommen verdient”.
Beim “Flirty Fishing” kommen wir an die Grenzen des gängigen Gewaltbegriffs. Ist psychischer Druck ausreichend, um einen Fall als Rituelle Gewalt einzustufen? Oder ist “Flirty Fishing” eine freiwillige Entscheidung der Frauen, so um Geld oder Mitglieder für etwas zu werben, an das sie selbst mit Überzeugung glauben? In einem Zeitungsportrait im Spiegel [Link zum Web-Archiv] wird deutlich, wie eine Tochter unter der Sekte “Kinder Gottes” gelitten hat und sich schwer misshandelt fühlt, während ihre Mutter “Eva” (Name geändert) noch immer aktives Mitglied der Sekte ist. Wie freiwillig werden Regeln in einer Sekte angenommen, in der auch körperliche Gewalt angewendet wird – wenn vielleicht auch nicht im direkten Zusammenhang mit sexualisierten Handlungen? (Zu den “Kindern Gottes” ist auch ein Buch erschienen: Jones, Kristina / Jones, Celeste und Buhring, Juliana, “Nicht ohne meine Schwestern”, Lübbe, Bergisch Gladbach 2009)
Die Praxis des “Flirty Fishing” gibt/gab es nicht nur bei den “Kindern Gottes”. Auch von anderen Glaubensrichtungen ist uns bekannt, dass junge Frauen in der Gemeinde aufgefordert wurden und werden, z.B. auf dem Schulhof mit jungen Männern zu flirten und sie dann mit zum Gottesdienst zu bringen.
Kinderpornografie
Bilder und Filme von Kindern, denen gerade sexualisierte Gewalt angetan wird, sind keine Pornografie. Porno-Filme entstehen (im Idealfall) zwischen Erwachsenen, die sich beruflich und einvernehmlich zur Erstellung dieser Filme verabreden und damit Geld verdienen. Die Bezeichnung “Pornografie” ist insofern für Filme von realer Gewalt an Kindern nicht angemessen.
Fachleute schlagen statt “Kinderpornografie” den Begriff “Kinderfolterdokumentation” vor. Das Wort ist lang und sperrig und trifft den Sachverhalt auch noch nicht gut, finden wir, denn es handelt sich nicht um wertfreie “Dokumentationen”, sondern solche Bilder und Filme sind Belege für Straftaten und damit Beweismaterial für Prozesse gegen die Täter.
Manfred Paulus, Erster Kriminalhauptkommissar a.D. schrieb in einem Artikel für die Zeitschrift “Die Kriminalpolizei” 1/13:
“Das, was solche kinderpornografischen Produkte in Bild und Ton beinhalten, ist primärer, polizeilicher Ermittlungsauftrag und primäres Ziel jeglicher Strafverfolgung – und nicht die Verbreitung kinderpornografischer Schriften, die der Gesetzgeber fälschlicherweise in den Vordergrund stellt.”
Andere empfehlen den Begriff “Missbrauchsfotos”, “Missbrauchsfilme” oder “Missbrauchsdarstellungen”. Hier wird aber mit dem ebenfalls umstrittenen Begriff “Missbrauch” (siehe dort) gearbeitet. “Pädokriminalitätsfilme” ist wieder ein sehr unhandliches Wort. Für sinnvoll halten wir, mal den einen, mal den anderen Begriff zu verwenden und, wenn möglich, die Problematik zu erklären.
Wenn wir das Wort “Kinderporno” auf unserer Seite doch verwenden, dann z.B., weil es sich um Eigennamen handelt, weil es aus einem Zitat stammt oder damit das Suchwort gefunden werden kann.
Kindesmissbrauch
Dieses Wort versuchen wir zu vermeiden, denn ein “Miss”brauch beinhaltet die Annahme, dass man Kinder auch “richtig Gebrauchen” könnte. Der aktuell bessere Begriff dafür ist Pädokriminalität. Wenn wir “Kindesmissbrauch” auf unserer Seite doch verwenden, dann z.B., weil es sich um Eigennamen handelt (der UBSKM heißt nunmal “Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs”) oder, damit das Suchwort gefunden werden kann.
Mind-Control
„Mind Control“ ist ein Begriff, der im Zusammenhang mit organisierter Ritueller Gewalt häufig auftaucht, um zu beschreiben, wie Täterinnen und Täter ihre Opfer manipulieren und an sich binden.
Definition und Verwendung
„Mind Control“ heißt wörtlich übersetzt „Gedankenkontrolle“, viele übersetzen es auch mit „Gehirnwäsche“. Zum Beispiel leiten sowohl die deutsche als auch die englische Wikipedia direkt auf „Gehirnwäsche“ bzw. „Brainwashing“ um, wenn man dort nach „Mind Control“ sucht (Stand Sommer 2023). Der Begriff „Mind Control“ wird auch häufig im Sinne von Manipulation, Beeinflussung, „coercive persuasion“ (Zwangsbeeinflussung), “coercive control” (zwanghafte Kontrolle), „gewaltvoller Umerziehung“ oder „Bewusstseinskontrolle“ benutzt. In der Wissenschaft wird auch der Begriff „Mentizid“ [Link zum Internetarchiv] verwendet – also der ganze oder Teilverlust einer vorher vorhandenen Persönlichkeit und das „einpflanzen“ einer neuen Ideologie, neuer Verhaltensweisen (dies ist eine sehr vereinfachte Beschreibung). In der Psychologie wird der Begriff „psychologische Konditionierung“ verwendet.
Gehirnwäsche ist im Duden beschrieben als “Versuch der schleichenden oder raschen (gewaltsamen) Veränderung der Urteilskraft und der [politischen] Einstellung eines Menschen durch starken physischen und psychischen Druck”. [Link zum Internetarchiv]
Machterhalt und Bindung
All diese Begriffe setzen immer ein Machtgefälle voraus, also dass die eine Seite der anderen ihren Willen aufzwingt. Ein Ziel ist also der Machterhalt von Täter*innen. So sollen politische Gefangene in den „Umerziehungslagern“ totalitärer Staaten zum Beispiel so beeinflusst werden, dass sie nach ihrer Haft nicht mehr im Widerstand tätig sind, sondern dem Staat dienen wollen.
Was wir über „Mind Control“ wissen
Welche Techniken bei „Mind Control“ oder gewaltvoller psychologischer Konditionierung angewendet werden, dazu gibt es sowohl viele Berichte, zum Beispiel von Sektenaussteiger*innen, als auch wissenschaftliche Experimente. Im Zentrum stehen Angriffe auf die psychische und körperliche Unversehrtheit, Angriffe auf das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, eine möglichst große Kontrolle des Umfeldes und der Zwang zur Unterwerfung, wenn nötig mit Gewalt und Traumatisierung.
Erforscht wurde dies zum Beispiel an amerikanischen Soldaten, die in koreanischer Kriegsgefangenschaft waren. Die Nationalsozialisten sollen damit in Konzentrationslagern experimentiert haben und der us-amerikanische Geheimdienst CIA experimentierte im Projekt MKULTRA mit Drogen und extremem Stress bis hin zur Folter, um Menschen zu manipulieren. Dem offiziellen Bericht der CIA zufolge waren die Einflussmöglichkeiten aber begrenzt – die Manipulationen auf jeden Fall nicht von langer Dauer [Quelle: Englische Wikipedia].
Auch Sektenaussteiger*innen berichten von „Gedankenkontrolle“, „Gehirnwäsche“, „Mind Control“ oder psychologischer Konditionierung, bei der teilweise mit Gewalt und Foltermethoden (Hunger, Schlafentzug, Dunkelheit oder extreme Helligkeit, Schläge oder Drogeneinsatz und Drohungen usw.) gearbeitet wird, damit die Mitglieder der Sektenführung bedingungslos folgen. Auch aus kontrollierenden Familien oder Zweier-Beziehungen mit gewalttätigen Partner*innen kennen wir solche Gewaltformen, um die Betroffenen an sich zu binden. Mit diesem hohen Druck und Techniken wie „Stalking“ oder „Gaslighting“ [Link zum Internetarchiv] wird nicht nur das Verhalten des Opfers, sondern auch dessen Möglichkeiten darüber nachzudenken und Lösungen zu erdenken, aktiv beeinflusst.
Auswirkungen auf die Betroffenen
Die eingesetzte Gewalt führt in vielen Fällen zu Traumatisierungen und Dissoziationen. In Fällen ideologischer Beeinflussung kann es zum Empfinden von „Freiwilligkeit“ durch das unter Zwang übernommene Wertesystem kommen, sodass sich das Opfer weder gedrängt noch ausgenutzt oder fremdgesteuert wahrnimmt und auch der Abgleich mit früheren Lebenserfahrungen nicht mehr stattfindet. Andere werden gezwungen, Dinge zu tun, für die sie sich im Nachhinein schämen (z. B. anderen Menschen Gewalt anzutun) und wozu sie starke Schuldgefühle entwickeln, die von Täter*innen wiederum teilweise genutzt werden, um die Betroffenen zu erpressen.
In der Popkultur, Hollywoodfilmen oder Agententhrillern, aber auch im Umfeld von Verschwörungserzählungen wie QANON wird immer wieder behauptet, dass Agent*innen oder auch Betroffene von Ritueller Gewalt „zu willenlosen Killermaschinen ausgebildet“ werden könnten. Dafür gibt es bislang keine Belege. Es ist von der „Programmierung von Menschen“ die Rede – diese Formulierung finden wir bedenklich, denn Menschen sind keine Maschinen und die vielen Aussteiger*innen aus manipulierenden Gruppen sind der beste Beleg dafür, dass ein Funke von Selbstbestimmungswillen häufig auch bei langanhaltender, starker Manipulation, Gewalteinwirkung und extremer Kontrolle des Umfeldes erhalten bleibt.
Quellen, die wir für diesen Text – neben den verlinkten Stellen und eigener Erfahrung – genutzt haben:
https://gedankenwelt.de/gibt-es-gehirnwaesche-wirklich-oder-ist-sie-nur-ein-mythos/
https://gedankenwelt.de/gehirnwaesche-techniken-der-zwangsueberzeugung/
Multiple Persönlichkeit
Der Begriff war in den 1990er-200er Jahren der medizinisch zutreffende. Inzwischen ist er in medizinischen Handbüchern und in der Literatur abgelöst worden von “DIS – Dissoziative Identitäts-Störung/Identitäts-Struktur”. Erläuterungen dazu finden Sie also unter DIS.
Nullhypothese
Die so genannte “Nullhypothese” geht zurück auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 1999. Damals hat der BGH fest gelegt, wie Glaubhaftigkeitsgutachten vor Gericht durchzuführen sind. Dabei gilt die Nullhypothese, das bedeutet,
wenn Aussage gegen Aussage steht, dann haben die Gutachter.innen davon auszugehen, dass die belastende Aussage nicht der Wahrheit entspricht.
Diese Hypothese (Annahme) gilt so laut Bundesgerichtshof lange, bis sie aufgrund der Beweislage (Jurist.innen sagen: aufgrund der so genannten “Realkennzeichen”) nicht mehr haltbar ist.
Das bedeutet, dass sich nur die “Opferzeug.innen” einer entsprechenden Glaubhaftigkeits-Begutachtung stellen müssen. Die Täter.innen/Beschuldigten werden nicht in dieser Weise begutachtet. Denn es gilt die Regel: Zeug.innen müssen vor Gericht die Wahrheit sagen, aber man muss sich nicht selbst belasten. Deshalb dürfen Täter.innen lügen oder schweigen. Ihre Glaubhaftigkeit wird nicht überprüft.
Zu weiterer Kritik an der Nullhypothese empfehlen wir die Webseite von Dr. Katharina Maucher: www.nullhypothese.com Es geht dort zwar speziell um Kinderschutz, die meisten Kritikpunkte sind aber auf den Umgang mit traumatisierten Erwachsenen vor Gericht übertragbar.
Opfer
“Opfer” ist das wohl umstrittendste Wort im Zusammenhang mit Gewalt. Während z.B. manche Männer, die in ihrer Jugend in kirchlichen Einrichtungen sexuell mißhandelt wurden, um eine gesellschaftliche Anerkennung als Opfer ringen, fühlen sich viele Frauen nach sexualisierter Gewalt als Opfer diffamiert und abgestempelt. Sie fühlen sich zur “ewigen Opferrolle” verdammt, obwohl sie meist Großes geleistet haben, um die Taten zu überleben. Unter Jugendlichen gilt “Du Opfer” als Schimpfwort, und Jörg Kachelmann prägte nach dem Prozess wegen Vergewaltigung gegen ihn die diffamierende These “Frauen haben ein Opfer-Abo”.
Wenn überhaupt, sollte man das Wort “Opfer” nur im Zusammenhang mit einer konkreten Tat verwenden, um den Bezug zu einem singulären Ereignis im Leben eines sehr viel komplexeren Menschen deutlich zu machen. Unsere Wahl: -> Siehe Aussteiger/innen
Pädokriminalität
Pädokriminalität ist ein sehr sperriges Wort, das sich noch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat. Es ist aber das wohl treffendste derzeit: Menschen, die Kinder (Jungen und Mädchen) mißhandeln, sind Kriminelle.
Pädophilie
Übersetzt heißt “Pädophilie”, Kinder zu lieben. Wir sprechen hier aber über sexualisierte Gewalt an Mädchen und Jungen, nicht über Liebe. Deshalb ist Pädokriminalität aus unserer Sicht das beste Wort dafür.
Ritualmord
Im Mordprozess gegen das Ehepaar Ruda (2001) wurde lang und breit diskutiert, ob es sich dabei um einen Ritualmord handelte. Beide beschrieben einen Zustand religiöser Ekstase, die Räume waren mit satanistischen Symboliken ausgestattet, Satan war nach der Aussage der beiden “bei der Tat anwesend”. Dies wurde vom Gericht als “religiöser Wahn” eingestuft, von einem Ritualmord wollte der Richter ausdrücklich nicht sprechen. Wir sehen zwei Dilemmata bei diesem Begriff:
- Wer kann nach einer Tat darüber entscheiden, ob die Täter/innen sich in einem Ritual gefühlt bzw. ein Ritual geplant, erlebt oder ausgeführt haben oder nicht? Im Fall der Rudas setzte sich der Richter über die eindeutig als religiös und mystisch empfundenen Schilderungen der Beteiligten hinweg und bewertete das als “mystisches Brimborium”. Mehr noch: Der religiöse Wahn wirkte strafmildernd (siehe Fallbeschreibung).
- Die Diskussion “Ritualmord ja oder nein” ist aus unserer Sicht wissenschaftlich interessant, für die Frage nach der Existenz Ritueller Gewalt aber zweitrangig. Wenn Menschen aus religiöser Überzeugung getötet werden, gehören die Fälle unserer Meinung nach mit in die Diskussion über Rituelle Gewalt.
Eine Ausgrenzung diverser Fälle wegen eng gefasster Definitionen verharmlost unserer Meinung nach das Problem. Deshalb nehmen wir die Fälle auf – lesen Sie und entscheiden Sie selbst, was Sie überzeugend finden und was nicht.
Sexueller Missbrauch
Erläuterungen dazu finden Sie unter dem Stichwort “Kindesmissbrauch”
Sex-Täter, Sex-Ringe usw.
Die Verwendung der Worte von “Sex” oder “sexuell” im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt (siehe dort) ist nicht angemessen. Es geht bei Worten wie “Sex-Täter”, “Sex-Ring” usw. nicht um Sexualität im Einvernehmen der Beteiligten (die auch gewaltsame Elemente enthalten kann), sondern um Gewalt in sexualisierter Form, die selten losgelöst ist von anderen Gewalt-Exzessen und Machtausübung. Es geht also z.B. nicht um einen Sex-Ring, sondern um eine Gruppe pädokrimineller Täter, die sich zur Ausübung eines Verbrechens verabreden und Straftaten begehen.
Sexualisierte Gewalt
Der von uns verwendete, unserer Meinung nach richtige Begriff für das, was wir beschreiben. Es geht um Gewalt und Macht, die in einer sexualisierten Form ausgelebt werden.
SRA
SRA ist ursprünglich die im Englischen gängige Abkürzung für “Satanic ritual abuse”, also “Satanistischen Rituellen Missbrauch”. Im Laufe der Zeit wandelte sich die Langform in “sadistic ritual abuse”, also “sadistischen Rituellen Missbrauch”, weil er das Thema einerseits breiter und andererseits auch genauer erfasst. Der Blick wird nicht mehr von den möglichen ideologischen Motiven verstellt, sondern SRA bezeichnet das, was es ist: Ein System sadistischer Verbrechen.
Überlebende
Dieser Begriff orientiert sich an der im Englischen Sprachraum entwickelten Wortwahl “Survivors”. Wird inzwischen auch in Deutschland häufig verwendet. -> Siehe Aussteiger/innen
Vampirismus / Vampyrismus
Es gibt Menschen, die sich mit Vampiren identifizieren, sei es als Rollenspiel oder als verschwommene Realität. Ausführlich widmen wir uns dieser Szene im Fall “Satansmord von Witten” (Ehepaar Ruda) in der Rubrik “Religiöse und ideologische Hintergründe”, weil Manuela Ruda sich als Vampyrin fühlte und unter anderem zum Aspekt Vampirismus/Vampyrismus einen Buchartikel geschrieben hat. Dort erklärt sie, dass die Schreibweise von “Vampyr” mit y statt mit i zumindest Mitte der 2000er Jahre als ein Erkennungszeichen galt, wer es ernst mit der Identifikation meint. Wer sich wirklich als Vampir fühlte, so wie sie selbst, schrieb das Wort mit y. Manuela Ruda:
“In diesem Grenzbereich wird es gefährlich, wenn […] es zu einer realen Identifikation mit der Figur des Vampirs kommt. Bei einer solchen Person wird das häufige Spielen eines solchen Rollenspiels den Glauben noch verstärken bzw. den Realitätsverlust noch begünstigen. Das eigentliche Spiel wird zu einer Parallelwelt, der angenommene Charakter im schlimmsten Fall in das wirkliche Leben transferiert. […]
Dies beinhaltet aber in vielen Fällen nicht nur ein reines Beisammensein in barocker Kleidung, sondern auch das kollektive Trinken von (menschlichem) Blut sowie die Ausübung anderer, bedenklicher Praktiken. […] Zwar existiert, sowohl in Schriften als auch in den einschlägigen Internet-Foren, der Grundsatz, dass der Konsum von Menschenblut prinzipiell nur in gegenseitigem Einvernehmen vonstatten gehen darf/soll; auf der anderen Seite ist fast ebenso oft von den ‘Jägern der Nacht’ die Rede, vom ‘Jagen’ und von manipulativem Verhalten, das die ‘Gebenden’ praktisch auf subtile, teils auch sexuelle geprägte Weise dazu überredet, sich Blut entnehmen zu lassen. Unter diesem Aspekt ist es mit der Freiwilligkeit wohl nicht allzu weit her. Weiter erscheinen die Grenzen zwischen der Realität, der Auslebung des Trinkens und Verletzens und der Fiktion sehr dünn. […]
Gerade im vampiristischen Bereich bzw. in der Welt der ‘realen’ Vampyre kam es in der Vergangenheit häufig zu schweren Delikten. Als in diesem Kontext bekannt gewordene Straftäter wären u.a. Richard Trenton Chase, Nicolas Claux oder Peter Kürten zu erwähnen. Sie alle nahmen das Blut ihrer Opfer zu sich und behaupteten, vampirischer Art zu sein. Einer dieser drei hielt bzw. hält sich in der Gothic Szene auf.” [18]
Quelle: Buch von Rainer Fromm, “Schwarze Geister, Neue Nazis”, olzog Verlag München 2008, Seite 175 bis 225.