Hinweise für Ermittler:innen

Ermittlungen im Bereich ritueller Gewalt sind extrem schwierig – aus diversen Gründen, die wir kaum alle aufzählen können. Für Deutschland gilt: Ein so genanntes “Lagebild” kann die Polizei nicht aufstellen, weil die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) die Merkmale, die Ritueller Gewalt zugrunde liegen, nicht explizit erfasst und ausweist. Und mit dem Verweis auf ein fehlendes “Lagebild” lehnen seit Jahren die “höchsten Stellen” (BKA, LKA usw.) immer wieder Anfragen ab (z.B. nach Vernetzung innerhalb der Landespolizeibehörden oder z.B. eine Initiative zur Einordnung von Ritueller Gewalt in den Bereich Organisierte Kriminalität).

Ganz praktisch heißt das für den Polizei-Alltag: Ermittler:innen mit einer entsprechenden Anzeige auf dem Tisch haben häufig das Gefühl, sich ganz allein und als erste:r Polizist:in mit so einem Fall zu befassen.

Wir hoffen darum, mit dieser Internetseite auch Ermittler:innen ein wichtiges Recherche-Werkzeug zur Verfügung zu stellen. Vielleicht füllen wir diese entscheidende Lücke und helfen dabei, dass Ermittler:innen von den Erfahrungen anderer profitieren können.

In unseren FAQs arbeiten wir laufend an einer Liste, warum es relevant ist, Rituelle Gewalt als Kriminalitätsphänomen mit besonderen Bedingungen zu betrachten. Dort sammeln wir Antworten auf die Frage, welche Auswirkungen ein Ritueller Hintergrund auf Ermittlungen, Strafmaß und Resozialisierung haben kann.

Ein Kern-Dilemma der Ermittlungsarbeit ist, dass Zugang zu Internet-Foren, in denen Missbrauchsabbildungen gehandelt werden, häufig daran scheitert, dass gefordert wird, dass man selbst Missbrauchsbilder hochlädt, bevor man zugelassen wird (die sogenannte “Keuschheitsprobe”). Da deutschen Ermittler:innen das nicht erlaubt ist, scheitern Ermittlungen oft an diesem Punkt. Im Frühjahr 2018 gab es einen Vorstoß eines Betroffenen-Verbandes, dass einzelne Missbrauchsopfer bereit wären, ihre eigenen Bilder für Ermittlungszwecke zur Verfügung zu stellen. Sie wollen damit eine Diskussion zur einer Gesetzesänderung anstoßen. Unser Interview dazu lesen Sie hier.

Unser Angebot:

Sie können sich über das Suchfenster oben die Fälle auf unserer Seite auch nach Bundesländern anzeigen lassen (versuchen Sie es ggf. mit “Nordrhein-Westfalen” und “NRW”… :-))

Selbstverständlich sind wir für Fachfragen und -vorträge auch ansprechbar – schreiben Sie uns!

Außerdem gibt es aus den Reihen der Polizei und Justiz einige Initativen oder Fach-Artikel, die vielleicht bei Ermittlungen hilfreich sind. Diese listen wir hier auf, sofern wir davon Kenntnis erhalten. Hinweise auf weitere Materialien nehmen wir gerne entgegen.

Literaturhinweise (chronologisch von neu nach alt)

  • In einer Recherche im Dezember 2021 haben Journalisten des NDR und des Spiegels nachgewiesen, dass sich Missbrauchsabbildungen, deren Links im Darknet geteilt werden, verhältnismäßig leicht löschen lassen. Dabei haben sie festgestellt, dass die Ermittlungsbehörden dies nur selten tun. In einem Artikel im Januar 2022  [Link zum Web-Archiv] haben sie ausführlich erklärt, welche positiven Effekte eine Löschung auf die Effizienz von Strafverfolgung und Reduzierung der Straftaten und Straftäter.innen haben könnte.
  • Der Schweizer Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH (Bern) Dr. Jan Gysi hat eine Broschüre mit wertvollen ärztlichen Hinweisen für Ermittler:innen auf seiner Homepage veröffentlicht und aktualisiert diese auch immer mal wieder: PDF “Organisierte sexuelle Ausbeutung” (Stand: Januar 2021)
  • Der TV-Sender arte stellte Mitte 2020 das Childhood-Haus in Heidelberg vor, wo neue Vernehmungsmethoden in einem interdisziplinär arbeitenden Haus mit ärztlicher Betreuung und Einbindung der Justiz-Anforderungen umtesetzt werden. Eine Familienrichterin kommt ebenfalls zu Wort. Video “Kindesmissbrauch: Mängel in der Vernehmungspraxis”, gesendet 24.7.2020, online abrufbar bis 26.7.2023. (Länge: 4:39 Min.) [Link zum Web-Archiv]
  • Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) erläutert die Arbeitsweise und Überforderung von Kinderpornografie-Ermittlern, und dass der Einsatz von noch mehr Polizist/innen nur zu noch mehr ungelösten Fällen führen würde. Link zum FAZ-Artikel vom 28.2.2015 [Link zum Web-Archiv]
  • Warum Rituelle Gewalt von der Polizei oft nicht erkannt wird (Zitate aus dem Artikel finden Sie hier): Paulus, Manfred, Erster Kriminalhaupkommissar im Ruhestand (EKHK a.D.): Artikel “Ku-Klux-Was? – Rituelle Gewalt in Deutschland – (K)Ein Thema für die Gesellschaft, (k)ein Thema für die Polizei?” Erschienen in Zeitschrift “Die Kriminalpolizei” 1/2013 (Link zum Online-Artikel [Link zum Web-Archiv])
  • Gallwitz, Adolf und Paulus, Manfred: Buch “Pädokriminalität weltweit”, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden 2009. Adolf Gallwitz ist Medizin- und Polizeipsychologe und Professor an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen. Manfred Paulus ist Erster Kriminalhauptkommissar im Ruhestand (EKHK a.D.).
  • Petermann, Axel und Greuel, Luise: Vortrag “Rituelle Gewalt – Möglichkeiten und Grenzen der kriminalistischen und aussagepsychologischen Fallbearbeitung”, gehalten am 6.11.2009 in Trier, dokumentiert in der Tagungsdokumentation “Rituelle Gewalt – vom Erkennen zum Handeln”, Pabst Science Publishers, Lengerich 2011. (Dokumentation zum Download hier)
  • Bauch, Wolfgang, Ehemaliger Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in Brandenburg: “Okkultismus/Satanismus – Polizeiliche Sicht”, Vortrag am 3. Juni 1999 in Schwerin (Link zum Online-Artikel [Link zum Web-Archiv])