Psychologische / Medizinische Hintergründe

Häufig gibt es psychologische oder medizinische Diagnosen sowohl auf Täter/innen- als auch auf Opfer-Seite.

Eine diagnostizierte psychische Störung oder therapeutische Behandlung eines Opfers kann vor Gericht die Aussagefähigkeit und Glaubhaftigkeit beeinträchtigen, und das ist fatal. Weil sie die erlittenen Taten nur mit schweren psychischen Störungen überlebt haben, werden manche Aussteiger/innen als Belastungszeug/innen vor Gericht als nicht (mehr) glaubhaft eingestuft. Oder weil ihre Erinnerungen erst in der Therapie wieder zurück kamen und/oder sich vervollständigen ließen (siehe Begriffserklärung zu “Amnesie”), sei nicht auszuschließen, dass die Therapeut/innen diese Erinnerungen beeinflusst oder komplett suggeriert hätten, so argumentieren die Kritiker/innen.

Damit werden Ermittlungen häufig bereits eingestellt, bevor es auch nur zu einer Anklage kommt, weil die Staatsanwaltschaft Sorge hat, dass die Hauptbelastungszeug/innen einem Prozess und den bohrenden Fragen von Verteidiger/innen nicht standhalten würden. Für die Täter/innen bedeutet das einen fatalen Umkehrschluss: “Ich muss mein Opfer nur schwer genug schädigen, dann werde ich vor Gericht nicht mehr belangt.” Ein fataler Zustand!

Aber auch auf Täter/innenseite gibt es ärztliche oder therapeutische Diagnosen, die sich zum Teil in Urteilen wider spiegeln. Und diese Diagnosen haben einen Einfluß auf das Strafmaß oder auf die öffentliche Wirkung der geschilderten Fälle. (Zitat eines Mitarbeiters des Landeskriminalamtes NRW: “Der Satansmord von Witten? Das waren doch keine Satanisten, das waren doch Spinner.”) Hier können sich Diagnosen als strafmildernd auswirken bzw. sie sorgen dafür, dass das Phänomen Rituelle Gewalt unterschätzt wird als Taten “einiger weniger Verrückter”, anstatt die gesellschaftliche Dimension in Angriff zu nehmen.

Wir können hier nur beispielhaft darstellen, welche psychologischen Hintergründe die von uns recherchierten Urteile und Fälle haben. Für eine systematische Einarbeitung in die Ursachen und Konsequenzen von Gewalt empfehlen wir die Beschäftigung mit Büchern aus der Trauma- und Gewaltforschung.



Informationen zu diesem Thema:

Begutachtung von Betroffenen sexualisierter Gewalt im katholischen Kontext

Ältere Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend Opfer sexueller Gewalt durch katholische Kleriker wurden, beantragen vermehrt Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Die Begutachtung dieser Opfer im Verantwortungsbereich der katholischen Kirche ist besonders anspruchsvoll, da die erlittenen Traumata oft viele Jahre zurückliegen. Die Autoren eines aktuellen Textes, die sich sowohl wissenschaftlich als auch in der praktischen Begutachtung mit dieser Thematik intensiv auseinandergesetzt haben, teilen aufgrund ihrer Erfahrungen einige Überlegungen zu diesem Thema mit.


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Täter-Opfer-Dynamik – Warum so viele Gewalttaten nicht angezeigt werden

Statistiken zu sexualisierter Gewalt weisen immer wieder auf die Problematik hin, dass Betroffene häufig nicht oder erst mit großer zeitliche Verzögerung Anzeige erstatten. Dies erschwert die Ermittlungen und die Strafverfolgung insgesamt. In anderen Gerichtsverfahren kann beobachtet werden, dass die Zeuginnen die Täter doch irgendwann entlasten oder die Anzeige zurückziehen. Ähnliches ist auch in Verfahren zu beobachten, in denen Kinder die Betroffenen sind: Es gibt eine Bindungsdynamik zwischen Täter*innen und Opfern, die in extremen, absichtsvoll erzeugten Fällen als sogenanntes “Mind Control” bezeichnet wird und die auch in ihren abgeschwächten Formen immer wieder die Strafverfolgung erschwert. Diesem Thema widmet sich eine wissenschaftliche Studie aus dem Gebiet Menschenhandel.


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Warum Kinder ihre Aussagen widerrufen

In Gerichtsverfahren wegen sexualisierter Gewalt sind die Betroffenen oft das einzige Beweismittel. Deshalb ist eine Strafverfolgung sehr kompliziert, wenn es nur die Aussage der Kinder oder Erwachsenen gibt, denen Gewalt angetan wurde. Insbesondere Kinder machen oft widersprüchliche Aussagen oder offenbaren sich an der einen, leugnen die Aussagen aber bei einer anderen Person. Warum das so ist und welche Faktoren man dazu im Blick behalten muss, dazu gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse.


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Von Tübingen nach Prag, um Taxifahrer zu töten

Im Mai 2014 werden zwei junge Männer aus Rottenburg/Kreis Tübingen, verurteilt, weil sie in Prag einen Taxifahrer getötet haben. Die beiden interessierten sich für Satanismus und Vampirismus und nannten den Wunsch nach Blutrausch als Motiv.

Laut Presseberichten befanden sich die beiden Täter seit ihrer Kindheit in psychiatrischer Behandlung, und lebten nach Klinikaufenthalten inzwischen gemeinsam in einer betreuten Wohngruppe. [1]


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Haftstrafen für Elternpaar nach Teufelsaustreibungen

Im März 2011 wird ein Ehepaar aus Steinheim im Kreis Höxter/NRW verurteilt, die eigene Tochter elf Jahre lang sexuell misshandelt zu haben. Teilweise sollen diese Taten im Rahmen von Teufelsaustreibungen stattgefunden haben.

Die Tochter wurde von einer Gutachterin während des Gerichtsverfahrens als glaubhaft eingestuft. Sie sei durch Isolation und Misshandlungen so eingeschüchtert worden, dass sie sich nicht gewehrt habe. [1], [2]

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Kidwelly/Wales – Sektenführer und Helferinnen verurteilt

Im März 2011 wurden vier Erwachsene aus Wales, Großbritannien (ein Mann und 3 Frauen) verurteilt wegen jahrelanger sexualisierter Gewalt an Jungen und Mädchen. Das Gericht stellte fest, dass der Haupttäter der Leiter eines satanistischen Kultes war und die Kinder in diesem Rahmen manipuliert und eingeschüchtert hat.

In einer 2015 veröffentlichten Autobiographie berichtet eines der Opfer dieser Gruppe, wie stark der Einfluss des Kultführers gewesen sei. [1]


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Befragung von “Vielfalt e.V.” 2005

Der Verein “Vielfalt e.V.” verschickte in Kooperation mit dem Zentrum für Psychotraumatologie Kassel im Jahr 2005 Fragebögen an 36 Begleiter/innen von Betroffenen Ritueller Gewalt in 10 Bundesländern.


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Dutroux und andere in Belgien

Im Jahr 2004 wurde Marc Dutroux verurteilt, weil er mehrere Jahre lang Mädchen und junge Frauen in Belgien entführt, vergewaltigt, gefoltert und getötet hat. Drei Kompliz/innen erhielten ebenfalls Haftstrafen. Dass Dutroux selbst zu einer Sekte gehörte, darauf gibt es keine Hinweise. Belegt sind aber Hinweise darauf, dass er evtl. Kinder an einen Satanskult liefern sollte. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass er Verbindungen zur Stasi und in europaweite pädokriminelle Netzwerke hatte. Damit gibt dieser Fall für unser Thema hochinteressante Einblick in vernetzte Täter/innen-Strukturen. Die Hinweise auf Satanismus bei Dutroux haben wir unter der Rubrik “Religiöse und ideologische Hintergründe” dokumentiert, die Hinweise auf die Stasi unter “Was sagt die Politik?”.

Der Fernsehsender Arte berichtete nach Angaben von EBIS e.V. [1] über die psychologischen Gutachten über Marc Dutroux. Die ausführlicheren  Zitate aus dem Urteil können Sie hier nachlesen.

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“Höllenleben” – “Nicki” zeigt Kindstötung auf der Wewelsburg an

Im Dezember 2001 strahlte die ARD den Dokumentarfilm “Höllenleben” aus, in dem eine Frau mit DIS (Dissoziativer Identitätsstruktur, siehe Begriffserklärungen), die sich “Nicki und die Bärenbande” nennt, von Ritueller Gewalt in ihrer Kindheit in einer satanistischen Sekte erzählt. “Nicki” zeigte sich im Rahmen der Recherchen zum Film selbst wegen Kindstötung an.

“Nicki und die Bärenbande” waren 20 Jahre lang in Therapie. Der Name steht für ein System von “Innenpersonen”, die sich als Folge der erlittenen Traumata in ihr gebildet haben. [1]


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Der sogenannte “Satansmord” von Witten – Daniel und Manuela Ruda

Im Januar 2002 wird das Ehepaar Daniel und Manuela Ruda verurteilt, am 6.7.2001 in Witten einen Arbeitskollegen von Daniel im Namen Satans ermordet zu haben.

Im Prozess präsentierten sie sich als gläubige Satanisten (siehe religiöse und ideologische Hintergründe). Der Gerichtsgutachter bescheinigte beiden eine verminderte Schuldfähigkeit und eine “narzisstische Persönlichkeitsstörung”. [1]


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Colonia Dignidad – Paul Schäfer misshandelt Sektenmitglieder

Im Jahr 2006 wird Paul Schäfer verurteilt, Kinder in seiner freikirchlichen Sekten-Kolonie “Colonia Dignidad” vergewaltigt und gefoltert zu haben. Außer ihm werden weitere Komplizen verurteilt. Die “Colonia Dignidad” hat nachweislich mit dem chilenischen Geheimdienst zusammen gearbeitet und Menschen gefoltert und getötet.

Baustelle: Wir haben für dieses Thema nur deutsche Quellen ausgewertet. Wenn Sie chilenische oder argentinische Quellen mit weiteren Informationen für uns beisteuern können, melden Sie sich gerne bei uns.

Wer sich für die Methoden und Folgen von Paul Schäfers Gehirnwäsche näher interessiert, dem empfehlen wir weitergehende Literatur und Quellen.


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Der Mord von Sondershausen – Sandro Beyer

Im Februar 1994 werden drei Mitglieder der Black Metal Band “Absurd” (zuvor “Luciferian Pagans”) verurteilt, den Schüler Sandro Beyer getötet zu haben.

Ein Gutachter kommt im Gerichtsverfahren zu dem Schluss, dass alle drei Angeklagten zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen seien. [1]


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Angaben zu Täter/innen aus den USA von 1989

Thorsten Becker übersetzte [1] einen Auszug aus dem Bericht der Ritual Abuse Task Force der Los Angeles County Commission for Women 1989:


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Teufelsaustreibung bis zum Tod – Anneliese Michel

Im April 1978 werden die Eltern und zwei verantwortliche katholische Priester verurteilt, weil sie zugelassen haben, dass die 23jährige Anneliese Michel nach Teufelsaustreibungen gestorben ist.

Anneliese Michael soll gesundheitlich immer schon eher schwach gewesen sein. 1968 soll sie ihren ersten Krampfanfall gehabt haben. 1969 hatte sie den zweiten, zusätzlich bekam sie eine Lungenentzündung und Tuberkolose. 1970 war sie sechs Monate in einer Lungenklinik im Allgäu. Dort, so heißt es, habe sie ihre ersten Teufelserscheinungen gehabt und Stimmen gehört.

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